Gewiss: eine Verfassung ist nicht mehr als eine Verfassung, und auch am deutschen Grundgesetz muss alle Jahre mal etwas geändert werden.
Wir leben ja nicht mehr Mitte des 20. Jahrhunderts. Nächstes Jahr feiern wir 60 Jahre Grundgesetz, 60 Jahre Bundesrepublik Deutschland. Und, überlegen Sie mal, was sich in diesen Jahren alles getan hat. Allein die Technik, die Arbeitswelt, die Lebenswirklichkeit (super Soziologen-Wort), und alles. Sogar ich denke nicht mehr in allen Punkten ganz genau so wie meine Uroma. Klar: die Menschenwürde und die Rechtsstaatlichkeit, die Freiheit und die Gleichheit (vor dem Gesetz, und daraus abgeleitet auch die Demokratie) – dies alles darf man natürlich nicht abschaffen. Zack, schon wäre man Verfassungsfeind.
Aber hier mal etwas einschränken („es sei denn“), da mal etwas gegen die Wand fahren (wenn etwas nur im Falle völlig ausgeschlossener Bedingungen geht), das kann man natürlich schon machen. Wenn man im Bundestag und im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit hat, auf Deutsch: wenn CDU / CSU und die SPD es gemeinsam so wollen. Und dann kommt in aller Regel das Bundesverfassungsgericht und sagt so etwas wie: „Nicht ganz so doll, meine Herrschaften, ein bisschen sachter bitte!“ Manchmal sagt es aber auch: „Kein Thema, nicht wirklich, geht gar nicht!“ Wie zum Beispiel bei dieser merkwürdigen Konstruktion, die ARGE genannt wird. Wie gesagt: manchmal muss man die Verfassung ändern (aber hätte es mehr als 100mal sein müssen?). Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe halte ich keineswegs für „Armut per Gesetz“, sondern für einen wichtigen sozialen Fortschritt. Aber die Umsetzung, Herr Clement! Hätte es wirklich Hartz IV (allein schon der Name!) sein müssen?! Clement damals: „Niemand wird gezwungen, seine Wohnung zu verlassen!“ Ulbricht im Sommer 1961: „Niemand beabsichtigt, in unserer Hauptstadt ...“ Hätte es wirklich diese ARGE-Konstruktion sein müssen?! Fairerweise muss man zugeben, die Sache war kompliziert, die Interessengruppen hart, und Clement war und ist halt nur Clement – und nicht etwa Super ... Jedenfalls sagte das Bundesverfassungsgericht in Sachen ARGE ganz eindeutig: „Kein Thema, nicht wirklich, geht gar nicht!“ Verfassungswidrig. Passt nicht ins Grundgesetz. – Und was sagen unsere Ober-Schlaumeier in Berlin? – „Was nicht passt, wird passend gemacht.“
Leute, Leute, Leute, ... ich sag´ nix. Nur soviel. Gut, dass die Duisburger SPD schon einmal klipp und klar hat wissen lassen: Nicht mit uns!
Werner Jurga, 05.08.2008
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