Dressler Kann Mettler Weis

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Er ist aus der SPD ausgeschlossen; aber die Berufung steht ihm noch offen. Und er wird kämpfen; schließlich geht es ja nicht nur um ihn. Es geht um den Kurs der Partei.
Es geht um den Charakter der SPD als Volkspartei. Es sagt ja niemand, Wolfgang Clement sei nun der einzige Mann des Volkes. Ohne Clement kein Volk. Und ohne Volk kein Clement.

Die SPD braucht Flügel, schon allein, damit sie fliegen kann. Clement, the red bull, hat Flügel; aber soweit waren wir ja schon. Jetzt legt er Berufung ein. Im Namen der Meinungsvielfalt, im Namen des Pluralismus und eigentlich, sagen wir es ruhig: im Namen der Freiheit. Einigkeit und Recht und Freiheit. Das ist das, was die SPD jetzt dringend braucht. Anders formuliert: die SPD braucht Wolfgang Clement.
„Einigkeit und Recht und Freiheit“ – Clement, ein Mann in der Tradition der bürgerlichen Revolutionäre. Deshalb hat er als unser Ministerpräsident auch schnell mal das Innen- und das Justizministerium zusammen gelegt. Einigkeit macht stark. Und nur starkes Recht sichert die Freiheit. Jedenfalls dann, wenn man sich zur Zeit in ihr befindet. Und das tun ja die Allermeisten. Ich sag´ ja: Clement – ein Mann des Volkes.

Berufen zur Berufung

Logisch, so ist das in einem Rechtsstaat: auch Abgeurteilte haben Rechtsansprüche, z.B. das Recht auf einen Anwalt. Da hat er sich den Otto Schily genommen. Der hat auch schon die Gudrun Ensslin verteidigt. Überhaupt: beim Thema Rechtsstaat, da kennt der Schily kein Pardon. Da ist der eisenhart. Das hat er bewiesen, sieben Jahre lang als Bundesinnenminister.
Gott sei Dank ist Otto Schily nicht der einzige Bürgerrechtler in der SPD. Selbstverständlich gibt es überall, auch in der Duisburger SPD, Freunde und Bewunderer des Freiheitskämpfers Clement. Auch sie haben sich ein Herz gefasst und in den letzten Tagen in der Lokalpresse klar Position bezogen. Denn Solidarität ist ein Grundwert der SPD.
Ich beschränke mich auf vier prominente Duisburger, auf die ich kurz eingehe – in alphabetischer Reihenfolge, erstens weil mir auch der Grundwert Gerechtigkeit sehr wichtig ist, und zweitens weil ich Ihnen zuliebe auch dem billigsten Gag hinterher renne.

 Dressler Kann Mettler Weis

Jürgen Dressler fordert in einem Offenen Brief die Duisburger SPD auf, Clements Parteimitgliedschaft „sicher zu stellen“. So formuliert geht dies zwar erstens an der SPD-Satzung vorbei und liefert einen semantischen Einblick in die Tiefenpsychologie des Duisburger Planungsdezernenten. Aber egal: Hauptsache man weiß, was er meint. Und Dressler weiß, worüber er redet; gegen ihn läuft nämlich ebenfalls ein Parteiausschlussverfahren. Typisch SPD: alle Freiheitskämpfer sollen rausfliegen. Gerade in den letzten Wochen hat Dressler in Sachen Freiheitsliebe an allen Ecken und Kanten Mut bewiesen. Ob Küppersmühle oder Rheinhausen, immer ein freies Wort: alle Anderen haben nichts zu sagen; wo kommen wir da hin, wenn gewählte, aber doch wenig intelligente Politiker der Verwaltung, also ihm, ins Handwerk pfuschen; entweder so oder von der Brücke springen ...
Ein Typ fast wie Clement; logisch: ist nichts für das Gemüt roter Funktionärstypen. 

Charlotte Kann wird Donnerstag früh frisch informiert über die Horrormeldung. Sie ist völlig überrascht: „Ein kleiner Ortsverein darf so eine Entscheidung treffen?“ – Okay, das darf er natürlich nicht, hat er auch nicht, es war schon die Landesschiedskommission. „Klein“ finde ich schön; weiß die Genossin Kann eigentlich, wie viele Mitglieder der Ortsverein Bochum-Hamme hat? Oder definiert die ehemalige Landtagsabgeordnete das Adjektiv „klein“ etwa ganz anders?
Vielleicht etwa so, wie der Ministerpräsident zu ihrer Zeit, der Wolfgang Clement ...
der war nämlich, wie er im Fernsehen immer sagt, als solcher Kollege von Kurt Beck – „und nicht der kleinere“. Charlotte Kann glaubt, dass die Bundesschiedskommission den Beschluss revidieren wird. Man ist eben nicht klein; man hat – jedenfalls innere – Größe. 

Herbert Mettler, SPD-Fraktionschef im Stadtrat, hätte dem Ausschluss nicht zugestimmt. „In einer demokratischen Partei gehört Meinungsvielfalt dazu“, sagt er. Das ist wohl wahr. Und gewiss lassen sich in einem kurzen Pressestatement nicht die Grenzen der Meinungsvielfalt diskutieren. Ich begnüge mich mit einem Zitat von Willy Brandt: „In Deutschland darf man jede Meinung vertreten; in der SPD nicht.“
Juso-Chef Klaus Uwe Benneter (Stamokap) flog raus; Nachfolger wurde ein Gerhard Schröder (Antirevisionist – links von Stamokap). Benneter wurde einige Zeit später wieder in die Partei aufgenommen, schaffte es aber bislang nur bis zu deren Generalsekretär.
Denn: „Keine Partei kann es sich leisten, kluge Köpfe zu verlieren“, sagt Mettler. Da hätte ich dann doch gerne einmal gewusst, ob ich auch einer bin. Und, wenn ja, ob das in Ordnung ginge, wenn ich im Frühjahr 2009 – sagen wir: so eine Woche vor der Kommunalwahl – die Wahl der SPD, nein: nicht davon abrate, nur sagen wir mal, wie hat der Clement das noch mal genau gesagt? 

Petra Weis, für uns im Bundestag, war auch überrascht. Ja „auch“, wie Charlotte Kann. Frauen halt. Sind nicht so versiert in Klöppereien, dafür aber für den Frieden. Petra Weis findet es „grundsätzlich besser, politisch-inhaltliche Differenzen argumentativ auszufechten statt juristisch“. Sagt sie. Oder gar mit einer Kampfabstimmung, sagt sie natürlich nicht. Nehme ich aber einfach mal so an.
Aber sie hat ja Recht mit dem Reden statt Schießen. Und sie hat auch Recht, wenn sie die SPD für „gut beraten“ hält, „im Umgang miteinander ein Bild zu bieten, das die Leute nicht verunsichert“. Ich frage erst gar nicht, wen genau sie damit meint, wer genau denn nun schlechte Umgangsformen an den Tag gelegt hat. Dass ich in diesem Punkt jetzt etwas verunsichert bin – Schwamm drüber!
Wichtig ist: keine Verunsicherung. Menschen wollen Sicherheit. Deshalb: klar Position Vertreten! So wie Petra Weis, auch wenn es nicht populär ist, keine Chance dem Populismus! Sicherheit Ausstrahlen, klar Ansagen, zum Beispiel: eine doppelte Diäten-Erhöhung muss sein!

Das bringt nicht sofort Szenenapplaus, bietet aber ein Bild von der SPD, das die Leute nicht verunsichert. Die wollen nämlich wissen, wo sie dran sind.

  

Werner Jurga, 04.08.2008

 

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