Gesine Schwan

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Gesine Schwan hat einen Beitrag geschrieben, den die SPD-Parteizeizung “Vorwärts” in ihrer Juni-Ausgabe veröffentlicht hat. Im Folgenden ein von mir ausgewählter Auszug; den vollständigen Text finden Sie hier.

Vertrauen in die Demokratie

Die Bundespräsidentin kann dazu beitragen, dass die Gesellschaft wieder mehr Vertrauen in die Demokratie aufbringt, indem sie die komplizierten politischen Prozesse so durchsichtig macht, dass man sie besser verstehen und dadurch auch überprüfen kann: Um welche großen Fragen geht es, welche Werte oder Interessen stehen hinter welchen Positionen, in welchen Zusammenhängen kann man sie besser begreifen? Solche Fragen habe ich jahrzehntelang in meinem Beruf als Professorin für Politikwissenschaft behandelt.

Damit könnte ich auch einen Beitrag dazu leisten, dass in der Öffentlichkeit nicht nur Einzelprobleme oder taktische Winkelzüge besprochen werden. Die Grundlagen unseres demokratischen Gemeinwesens und die Voraussetzungen für ein Leben, das das Gemeinwohl nicht aus dem Auge verliert, müssen wieder mehr in den Blick treten und darüber eine erneuerte Verständigung finden. Das dient auch der Stärkung von Fairness und Gerechtigkeit.

Zugleich möchte ich alle Bürgerinnen und Bürger zum politischen Engagement – sei es in Bürgerinitiativen, sei es in Parteien oder in der Stadtteilarbeit – ermutigen, weil eine Demokratie darauf angewiesen ist und weil man dabei am besten aus eigener Erfahrung lernen kann, sich ein politisches Urteil zu bilden. In den letzten Jahren haben mich immer wieder ganz fremde Menschen auf der Straße angesprochen und mir dafür gedankt, dass ich sie mit meiner Kandidatur vor vier Jahren sehr ermutigt hätte.

Zu politischen Einzelfragen werde ich nicht Stellung nehmen, weil das nach unserer Verfassung aus guten Gründen nicht Sache der Bundespräsidentin ist. Aber ich will den praktischen Politikerinnen und Politikern – in allen Parteien! – helfen, die sich um eine gemeinwohlorientierte Politik bemühen. Denn sie brauchen für den Erfolg ihrer Arbeit eine politisch erfahrene und dadurch urteilsfähige Gesellschaft als Partnerin. Eine Kritik in der Form pauschaler Verdächtigung „der Politik“ dagegen steht in der Tradition obrigkeitsstaatlichen und undemokratischen Denkens, das der Demokratie schadet.

Gesine Schwan

 

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