Hermann, der Duisburger

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Das verlängerte Wochenende hatten meine Familie und ich bis in den Sonntag Abend ausgedehnt. Wie ich bereits am Ende meiner Kolumne über den D-Day angedeutet hatte, ging es nach Nordfrankreich. Zwar nicht bis in die Normandie, wie ich dachte, aber sehr wohl weiter als Dünkirchen, nicht ganz bis in die Picardie, aber doch in den schönen Ort Boulogne. Vielleicht lässt das Foto vom letzten Samstag erahnen, dass ich etwas abschalten konnte.
Und wie ich abgeschaltet habe! So abgeschaltet, dass ich gestern, also am Montag, gar nicht so recht wusste, worüber ich denn mal schreiben könnte. Aber da Sie jetzt schon so lange auf eine Kolumne warten mussten, fühlte ich mich irgendwie verpflichtet, einige Zeilen zu schreiben. Nur – über welches Thema?

Die Presse machte auf mit dem SPD-Parteitag und mit den Massendemonstrationen gegen die Wahlmanipulationen im Iran. In der Tat zwei Themen, die mich ganz enorm interessieren; allerdings: schriebe ich etwas dazu, könnte es für Sie möglicherweise nicht so spannend werden. SPD – da dürfte Jurga eher dafür sein. Ahmadinedschad – da ist Jurga bekanntlich eher dagegen. So what?! – So wird das nichts. Für gestern war eine neue Kolumne gestorben.
Doch immer wenn man denkt, es geht nichts mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. In diesem Fall von einem der Stars der Duisburger Blogger-Szene, dem auch hier immer wieder mal erwähnten Mr. Unkreativ. Bei ihm habe ich nämlich gestern gefunden, dass sich ein fast schon vergessener Held wieder einmal – wenngleich zum ewig gleichen Thema – zu Wort gemeldet hat, nämlich

Hermann der Duisburger

Da wird es schon merklich interessanter; denn bei ihm heißt es: SPD – eher dagegen; Ahmadinedschad  - eher dafür. Die Rede ist von Hermann dem Duisburger. Ein furchtloser Kämpfer, von dem in den ersten drei Monaten dieses Jahres immer und immer wieder – und keineswegs nur auf dieser Webseite – die Rede war. Allerdings, um dies in aller Bescheidenheit anzumerken, hier als erstes. Denn während der Antisemitismus-Vorwurf gegen den hiesigen Vorsitzenden der Linksfraktion von vielen erst im Februar erhoben wurde, nämlich nach seinem Aufruf, israelische Waren zu boykottieren, hatte ich mir bereits am 15. Januar erlaubt, Hermann dem Duisburger mitzuteilen, wofür ich ihn halte.
Im zweiten Quartal wurde es dann etwas stiller um unseren streitbaren Internationalisten. Wir gedachten – gleichsam notgedrungen – einem, nein: dem größten seiner vielen großartigen Vorgänger. Deutschland feierte den zweitausendsten Jahrestag der Varusschlacht, besser bekannt als Schlacht im Teutoburger Wald oder Hermannsschlacht. Wir feierten einen, der  im Jahre 9 n. Chr.  den Imperialisten seiner Zeit mit der Vernichtung von drei Legionen eine ihrer verheerendsten Niederlagen beibrachte. Und das war kein anderer als

Hermann der Cherusker

Der „Befreier Germaniens“, der, wie Wikipedia aus nachvollziehbaren Gründen mutmaßt, die historische Vorlage dargestellt hatte für Siegfried, dem Drachentöter aus dem Nibelungenlied. Sagenhaft! Aber eben auch nur eine Sage, was unschwer am legendären Vornamen erkennbar ist, der leider legendenartig verfälscht worden war. Denn nur ein Hermann kann den Hermann machen! Nur ein Hermann, heutzutage eben Hermann der Duisburger, kann dem imperialistischen Weltreich, seinen zionistischen Drahtziehern und seinen hiesigen Vasallen, bspw. in den Redaktionsstuben der WAZ, als sozusagen zeitgenössischer „Befreier Germaniens“ die Heldenstirn bieten.

Und am Wochenende – Unsereins hätte die Chance gar nicht erkannt – bot sich Hermann dem Duisburger wieder einmal die Gelegenheit, seine Drachentöter-Qualitäten unter Beweis zu stellen. Die WAZ hatte nämlich am Samstag einen Artikel mit dem Titel Linker Linksrutsch über die linkssektiererischen Strömungen im NRW-Landesverband der Linkspartei veröffentlicht. Und dazu einen Infokasten gepackt, der leider nicht in der Westen zu finden ist, dafür aber hier.
Er trägt die Überschrift

Gefährlicher Trend: Auch antisemitische Tendenzen?

und beginnt mit diesen Sätzen:
Der OB-Kandidat der Duisburger Linken für die Kommunalwahl, Hermann Dierkes, musste wegen eines Boykottaufrufs gegen israelische Waren zurücktreten. Jüdische Organisationen interpretierten das als Wiederauflage des Nazi-Slogans "Kauft nicht bei Juden.

Ja, werden Sie jetzt vielleicht sagen: so war´s. Da können Sie einmal sehen, wie weit es schon gekommen ist! Dass Sie so etwas glauben, zeigt nur, dass Sie einer skrupellosen Rufmord-Kampagne der WAZ gegen die Partei Die Linke, also gegen Hermann den Duisburger, aufgesessen sind.
Und damit das einmal ein Ende hat, hat sich der Drachentöter jetzt beim Deutschen Presserat beschwert und vom Drachen selbst, nämlich von der WAZ, eine Gegendarstellung verlangt, und zwar diese.

Humor hat er ja! Mal sehen, was dabei herauskommt. Ich werde die WAZ im Auge behalten. Ich bin ja Abonnent – genau wie Hermann. Ich nehme nämlich an, er  informiert uns nicht, wenn er diese Schlacht gewonnen haben wird. Er hat uns ja schließlich auch nicht verraten, was aus seinem Boykottaufruf gegen Waren aus Israel herausgekommen ist. Da zeigt sich der wahre Held! Ein Zeitgenosse Hermanns, also jetzt des Cheruskers, hat es auch so gehalten: Wunder wirken, abtauchen, kein Wort drüber verlieren. Ist dann aber irgendwann gekreuzigt worden. So weit logisch. Soll aber ein Jude gewesen sein!

Werner Jurga, 16.06.2009

 

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