Karstadt Duisburg

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Heute in zwölf Tagen, also einen Tag nach Fronleichnam, der theologisch gesehen der Gründonnerstag ist, wir uns also über das letzte Abendmahl, die selbst gewählte Henkersmahlzeit demonstrativ freuen dürfen – also einen Tag später, wenn also die Kreuzigung anstünde, hätte sie nicht schon am Karfreitag stattgefunden – also am Freitag, den 12. Juni, den die Arbeitnehmer und die, die welche kennen, Brückentag zu nennen pflegen, ist 

Arcandor bankrott

Denn die 650 Millionen Euro, die der Arcandor Konzern der Royal Bank of Scotland sowie der Commerzbank und der BayernLB am Freitag, den 12. Juni 2009,  hinblättern müsste, hat er dann gerade nicht flüssig. Ohne eine Staatsbürgschaft zur Verlängerung der Kreditlinien gehe der Konzern mit 56.000 Arbeitsplätzen pleite, sagt Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick. Und der muss es ja schließlich wissen. Und wir alle wissen es ja auch. Eick formuliert dies natürlich so, weil er unbedingt an die Staatsknete kommen möchte. Dennoch: es stimmt trotzdem.

Und wir wissen auch, oder sagen wir mal: wir ahnen es, dass Eick die Staatsknete nicht bekommen wird. Frau Merkel wird sich nicht noch einmal - im Verbund mit "sozialen" oder betroffenen oder wahlkämpfenden Parteifreunden gegen den CDU-Mainstream behaupten können und einfach mal so gegen SPD und Gewerkschaften einknicken können.
Für mich war entscheidend - auch bei dem, was ich beschlossen habe -, dass die Risiken einer Alternative für mich politisch absolut nicht verantwortbar sind, zitiert die FTD die Kanzlerin zur scheinbaren Opel-Rettung.

Aber noch einmal wird sich die selbstbewusste Regierungschefin nicht gegen das Establishment durchsetzen können; und vor allem: warum sollte sie auch? Merkel hat ja jetzt bei Opel gezeigt, wie sozial sie ist. Jetzt muss auch einmal Schluss sein, denken sich nicht wenige von der Schuldenphobie geplagte Deutsche. Von einem Fass ohne Boden wird man sprechen; das kann ich Ihnen sicher prognostizieren. Was allerdings Genosse Steinbrück sagen wird, und vor allem: wie er sich in der Regierung verhalten wird, das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Die Sache ist komplex …
Wie bitte? Bei einer Bürgschaft sei das Geld ja nicht unbedingt weg? – Bei Karstadt schon … Gut möglich, dass Steinbrück die Eigentümer auffordern wird, nicht so knauserig zu sein. Frau Schickedanz hat allerdings in der Finanzkrise weiß Gott schon genug verloren. Okay, die Frau muss sehen, wo sie bleibt. Aber die anderen, oder sagen wir mal: die Hausbank, die könnten doch mal …, ich meine: die haben doch Geld wie Heu.
Schon recht: Können täten die schon. Nur Wollen würden sie kaum möchten. Wieso auch? Ehrlich gesagt: mit dem Torso, den Superstar Middelhoff hinterlassen hat, wird man nie wieder Geld verdienen können. Nie wieder. Aber gierig, wie die Banken und die Kapitalisten so ganz im Gegensatz zu Ihnen zum Beispiel nun einmal sind, werden die dann sagen: Nö, lass mal!

Und bevor die Linken jetzt Verstaatlichung rufen, der kleine Hinweis: Karstadt macht seine Verlustgeschäfte seit Middelhoffs Zeiten in gemieteten Häusern. Zum Beispiel im

Forum Duisburg

Aber das wissen Sie ja alles. Karstadt ist ja der Ankermieter im Forum Duisburg. Wie soll ich das jetzt erklären? – Mmhh, ich sag´ mal so: ein Mieter ist eigentlich nie ein Eigentümer, jedenfalls nicht der von ihm genutzten Immobilie. Diesem Umstand verdanken wir das schöne Wort Eigentumswohnung. So einem Eigentümer, dem könnte man, wenn man dürfte und müsste, etwas wegnehmen. Aber einem Mieter?

Klar: bei Karstadt können Sie zum Beispiel so einige ganz neue Flachbildschirme verstaatlichen. Und Damenoberbekleidung. Aber wenn Sie diesen Krempel dann auch noch irgendwie so gut vertickt kriegen, dass Sie die ganzen Bankschulden, Gehälter und Mieten davon bezahlen können …
Nun ja. Das Problem ist da. Arcandor was COMMITTED TO CREATING VALUE.
Und was soll ich Ihnen sagen?! – Das hat auch tatsächlich geklappt. Da sind vielleicht Values created worden; das glauben Sie gar nicht! Verkaufen Sie doch einfach mal etliche dieser Riesentempel in 1A-Innenstadtlage, und dann zählen Sie mal die ganzen Values! Kommt ein schöner Batzen zusammen. Das Geld ist auch nicht weg. Nur eben nicht mehr bei Karstadt. Aber Irgendjemand wird es wohl haben. Glauben Sie nicht diese Redensart vom Geld verbrennen! So etwas macht niemand, der alle Tassen im Schrank hat.

Da fällt mir ein, dass ich zwischen Abitur und Studium ein paar Wochen bei Karstadt gearbeitet hatte. Haushaltswarenabteilung. Lager. Im Rhein-Ruhr-Zentrum, also auf der grünen Wiese. Wie viele Kaffee-Service (schreibt man das so? – Sie wissen Bescheid: sechs Tassen, eine Kanne, ein Kännchen, ein Zuckerpott, alle das gleiche hübsche Muster) – also: wie viel von dem Krempel wird wohl bei Karstadt im Forum Duisburg verkauft worden sein?
Irgendwie ist das natürlich schon romantisch, im Forum Duisburg einmal ein neues Kaffee-Service (wie denn?) kaufen zu gehen. Zum Hochzeitstag oder so. Geht man als Frau besser allein. Und wenn der Vatter mal mitkommt, weil ein neuer Anzug jetzt aber wirklich mal fällig ist, kann man den Opel ganz bequem in der Tiefgarage parken. Wenn man möchte …
Egal. Es ist vorbei.

Karstadt geht über die Wupper

Okay, da geht es um zehnmal so viele Arbeitsplätze wie bei Opel. Aber: das sind nur Frauenarbeitsplätze. Meistens. Sicher, für den Substituten, der sich berechtigte Hoffnungen auf die Abteilungsleitung macht, ist es natürlich bitter. Und für die Innenstadt. Und die Kunden erstmal.
Ich meine: wir sind doch alle Verbraucher. Aber bei manchen neumodischen Sachen, mal ehrlich: da blickt man doch nicht mehr durch. So als Verbraucher. Da braucht man doch auch schon mal Beratung.

Also, bevor ich mir etwas bei Amazon oder Ebay kaufe, lasse ich mich erst einmal bei Karstadt gründlich beraten. Man will ja so eine Ware auch mal so sinnlich in der Hand gehabt haben, bevor man so viel Geld … ja hallo! Bei Ebay gibt es auch nichts umsonst!
Wenn Karstadt nach dieser kurzen Zeit wieder zumacht, hole ich mir eben im Kaufhof die Infos. Oder Metro macht einen Deal mit Arcandor, das heißt: der Kaufhof schluckt Karstadt, dann macht eben der Kaufhof zu und Karstadt bleibt, heißt aber dann Kaufhof, ach nee: das Kaufhaus. Soll aber wohl nichts draus werden, weil sie sich gezankt haben, die Herren Manager.
Sie sind sich nicht einig geworden. Wegen des Geldes, klar. Das sind halt gierige Kapitalisten. Mir kann es ja egal sein. Solange ein Kaufhaus bleibt. Aber schade ist es. Für die Frauen, auch wenn es nur ein Zuverdienst ist. Wie bitte? Keinen Kerl abgekriegt? Kerl sogar stiften gegangen? – Ich bitte Sie, Madame: der Staat ist nun wirklich nicht auch noch für Ihr Privatleben zuständig. Dann wird es aber wirklich alles zum Fass ohne Boden.

Richtig schade ist es für Duisburg. Ärgerlich: diese gierigen Kapitalisten!

Werner Jurga, 31.05.2009

 

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