Loveparade nach Kunduz !

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

„Ausgerechnet vor Weihnachten!“ hätte meine Mutti gesagt, und zwar völlig zu Recht. Es wäre an der Zeit, sich auf das Fest der Liebe und des Friedens zu freuen. Und was müssen wir erleben, wenn wir uns umsehen – in Duisburg und in der Welt? Überall nur Zank und Streit.

Sehen Sie sich die Welt doch an! Afghanistan – ich brauche mehr ja wohl nicht zu sagen. Aber auch in unserer schönen Heimatstadt – ein Blick in die Lokalpresse genügt, um ernüchtert feststellen zu müssen: nach Liebe und Frieden sieht das alles nicht aus. Dabei könnte es doch alles so schön sein. Love and Peace.
Wir könnten uns nicht nur auf Weihnachten freuen, sondern auch auf ein glückliches neues Jahr. Nächstes Jahr sind wir nämlich die Kulturhauptstadt Europas. Okay, nicht nur wir. Aber nur bei uns soll 2010 der Mega-Event steigen. Die Loveparade. Das Event! Der oder das Event; egal: auf jeden Fall die Loveparade. Love wie die Liebe, parade wie die Parade – wie beim Militär. Nur umgekehrt: Love and Peace und Rumtata. Hammergeiler Event, kann eigentlich niemand etwas gegen sagen. Und doch: sie tun es.

Die Grünen zum Beispiel: nur am Sticheln. Kein Wunder, dass gestern der Boss von den Roten einmal richtig auf den Tisch gehauen hat. Mit vollem Einsatz hat sich gestern der WAZ-Chefredakteur für die Loveparade in die Matsche geworfen. Mal sehen, ob die kleinen Brüder von der NRZ jetzt endlich ihre Kampagne gegen Love and Peace drangeben. Schließlich gehört das grüne Blatt auch zu den roten Blättern.
Aber Zank und Streit machen vor Familien nicht halt. Nicht einmal vor der hiesigen Christenunion. Und das ausgerechnet vor Weihnachten! Die örtlichen Unionschristen halten sich zwar vornehm zurück. Ja, man halte es wie beschlossen. Aber was macht der Kulturmanager des Jahres? Der hat das alles angezettelt. Die Loveparade sei überhaupt keine Kultur, hat er gesagt. So ähnlich jedenfalls.

presse am 2. und 3. dezember 2009

Veranstaltungs-Gesellschaft:
"Duisburg braucht die Loveparade"

NRZ Duisburg, 03.12.2009

Sauerland: „Wir stehen zu unserer Zusage"
Love Parade noch nicht fix

RP Duisburg, 03.12.2009

Neue Skepsis fährt
der Liebe in die Parade

NRZ Duisburg, 03.12.2009

Kulturdezernent gegen Loveparade
Janssen gegen Sauerland?

xtranews, 02.12.2009

Kulturdezernent Karl Janssen
Liebesentzug für die Loveparade

NRZ Duisburg, 02.12.2009

loveparade - muttis, klein

Da hat sein Boss aber zurückgewettert. Zoff in der Duisburger Christenunion. Und die rote WAZ hält zum OB, die grüne NRZ aber zum Top Mann, wohingegen die Grünen – jetzt nicht die NRZ, sondern die linksliberale Partei – den Kulturmanager des Jahres belehren, dass die Parade sehr wohl Kultur sei. Jugendkultur eben. Das finden auch die Rechtsliberalen von der FDP, die zwar nicht von Hause aus der Love-and-Peace-Bewegung entspringen, dafür aber Klimaskeptiker sind.

Da ist die SPD ganz anders. Zur Frage, ob Techno nun als Jugendkultur zu betrachten sei, ist ihr zunächst einmal nichts zu entlocken. Da werden die bestimmt erst den Parteivorsitzenden fragen müssen, den Siggi-Pop, ein gelernter Beauftragter in Sachen Popkultur. Doch auch wenn von den Sozis nichts zur Kultur kommt – zur Techno-Kultur, versteht sich: klar ist: sie darf nichts kosten. Die Loveparade. Jedenfalls nicht der Stadt Duisburg. Liebe ja, Löhnen nein.
Ach so: Oskar Lafontaine ist Vorsitzender der Linken. Nun war zwar im Fernsehen zu bewundern, wie fetzig der zu den Techno-Rhythmen raven kann. Dennoch: fragen müssen unsere Duisburger Peace-Freunde den Oskar bestimmt schon, ob sie jetzt auch für Love sein dürfen, oder ob der Mega-Event nicht vielleicht doch irgendwie kapitalistisch ist. Glaube ich, Duisburgs Linke haben jedenfalls noch gar nichts dazu verlauten lassen. Lafontaine muss ja auch erst einmal wieder gesund werden. Der alte Raver.

Ein Durcheinander alles. Nur Zank und Streit. Wer gegen wen? Und: wie viel darf es kosten? Die Love-and-Peace-Kultur im High-Speed Techno-Sound. Mit halb oder ganz nackten Mädels und einem Werbewert von zig Millionen Euro.
Werbewert – wie soll ich Ihnen das jetzt erklären? Sagen wir so: die Leute sehen das weltweit live on TV. Die sehen die nackten Mädels, wie sie zur Techno-Dröhnung am Zappeln sind. Und dann sagen die sich (also die Fernsehzuschauer, nicht die Dancing Queens): „Wow! Duisburg! Great!“ Wenn die Stadt so viele Werbespots rund um den Globus „schalten“ ließe, in denen der OB erklärt: “Duisburg is great!” – dann würde dies bestimmt 40 Mio. Euro kosten. Oder noch mehr. Überlegen Sie nur mal!

Aber was rede ich?! Der Streit ist da. In der Vorweihnachtszeit! Und ich wäre der Letzte, der Öl ins Feuer gießen wollte. Mir geht es einzig und allein um Liebe und Frieden, also um Love and Peace.

 

Deshalb mein Vorschlag zur Güte: wir lassen das hier in Duisburg mit der Loveparade und verlegen den ganzen Event komplett nach Afghanistan. Nach Kunduz oder so, damit unsere deutschen Jungs – und (angezogenen) Mädels da auch etwas von haben.
Das würde zwar auch ein Schweinegeld kosten, wäre aber egal, weil Duisburg es ja nicht aufbringen müsste. Eine Million Raver an den Hindukusch zu verfrachten, nicht ganz billig, zugegeben, wäre aber eine ganz große logistische Leistung. 5000 Flüge, mein Gott, das ist doch zu schaffen.

Mount Everest

Und dann ginge es los. Die Loveparade hämmert durch Kunduz. Die hämmernden Techno-Beats, die lasziven Hausfrauen, heißer Sex hinter jeder Hecke, alle zugedröhnt mit Speed, Ecstasy oder irgendwelchen Amphetaminen.
Und dann stellen Sie sich doch nur mal den Mullah Omar vor! Ach nee, den nicht, der kennt das noch aus seinem Palast. Aber die ganzen normalen Taliban. Die gehen doch laufen. Die hauen doch ab. Und ein paar Schlitzohren, die vernünftigen Taliban, die wechseln einfach die Seite.
Das wäre Love and Peace. Ganz friedlich wären dann auch noch die kriegsähnlichen Zustände beendet. Die Taliban, die raffen das doch gar nicht. Musik ist doch, wo die zu sagen haben, verboten. Was sollten die denn dann machen? Etwa rumschreien: „Das ist doch keine Musik!“
Der Feind in auswegloser Lage. Und dann all die Oben-ohne-Girls am Zappeln. Die würden doch durchdrehen, die Taliban. Wo sollten die denn auf die Schnelle ein paar Hunderttausend Burkas herkriegen?!
Und die ganzen Pillen, das Kokain und alles. Das kennen die doch nur als Handelswaren, Exportprodukte. Aber eine Million zugedröhnter Leute. Da können die doch gar nicht mit umgehen! Die sind ja nicht einmal das Saufen gewohnt, diese doofen Taliban.

Geben Sie es zu! Der Vorschlag hat was! Duisburg wäre befriedet, Afghanistan auch, und die Taliban erledigt. Love and Peace everywhere. Friede auf Erden. Und den Menschen ein Wohlgefallen. Uff-ta, uff-ta, uff-ta …

Werner Jurga, 06.12.2009

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