Philosophisches zum 11.9.

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Der 11. September, ein deutscher Philosoph und die Kulturnation

Richard David Precht ist Philosoph. Und Bestsellerautor. Und einige Frauen sagen, er sehe sehr gut aus.
Ob die WAZ-Redakteurin Britta Heidemann auch dazugehört, kann ich Ihnen leider nicht sagen. Jedenfalls durfte sie Herrn Precht für die WAZ vom 09.09.2009 interviewen.

Thema des Gesprächs war der Aufruf von 25 Künstlern und Intellektuellen in der Wochenzeitung „Der Freitag“ mit dem Titel Für einen Abzug.
Gemeint ist ein Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan – und zwar innerhalb der nächsten zwei Jahre. Im Internetportal derWesten.de findet sich dieses Interview unter der Überschrift

Precht

Richard David Precht
Foto: Raimond Spekking/Wikipedia

Philosoph Precht: "Sie können Freiheit nicht herbeibomben"

Freiheit kann man nicht herbeibomben, Gewalt ist keine Lösung, und in Philosophie kann man promovieren. In derWesten.de kann man kommentieren.
Als erster meldet sich jemand mit dem Nicknamen Vanagas zu Wort und schreibt: Natürlich kann man Demokratie herbeibomben, siehe Japan und Deutschland. Ob der überhaupt einen Doktor in Philosophie hat? Jedenfalls ist er ziemlich unsensibel, dieser Vanagas - und nicht so angenehm sanft wie Dr. Precht.

Als zweiter ist kuba4711 an der Reihe: Das ist - im Großen und Ganzen - die Position der Linken, meint er und gerät ins Schwärmen – weniger für Herrn Dr. Precht, der ja nur im Großen und Ganzen richtig liegt, als für die Linkspartei, die schon immer gegen Krieg und allein schon deshalb unbedingt einmal gewählt werden sollte.
kuba4711 hatte zu diesem Zeitpunkt den fiesen Kommentar vor ihm noch nicht sehen können. Aber als er ihn dann sehen musste, wurde er richtig sauer, der kuba4711. Sofort tippte er – von mir aus Fairnessgründen orthographisch ein wenig bearbeitet – in die Tasten:
@1 Ja , mit Flächenbombardements gegen die Zivilbevölkerung und mit Atombomben-Abwürfen. Dies sind nicht vergleichbare, historische Gegensituationen; und - vor allem in Deutschland - gab es ja damals schon eine lange, demokratische Tradition.

Okay, die Revolution in Kuba ist auch nicht völlig gewaltfrei verlaufen, aber nicht mit Bombenterror gegen die Zivilbevölkerung und – da hat er Recht – schon gar nicht mit einem Atombombeneinsatz. Und ob es in Kuba so richtig demokratisch zugeht, soll hier nicht das Thema sein. Genauso wenig wie die lange, demokratische Tradition, vor allem in Deutschland. Und auch in Japan hat letzten Monat nach einer Wahl die Regierung gewechselt. Das muss auch einmal gesagt werden!
Aber die lange, demokratische Tradition, vor allem in Deutschland. Überlegen Sie nur einmal! Es sind ja nicht nur die 15 Jahre Weimarer Republik. Demokratisch bis zum geht nicht mehr. Und davor? Tja, die SPD – passt jetzt hier vielleicht nicht ganz so gut, aber die Paulskirche, das Hambacher Schloss und all so was. Sagen wir einfach mal so: wir Deutsche sind – aufgrund der sehr langen Tradition praktisch schon fast wie angeboren – demokratisch. Unheimlich demokratisch.
Und für den Frieden. Eigentlich immer schon gewesen. Trotzdem ist es gut, dass wir die Bundeswehr haben; davor wurden wir ja ständig angegriffen. Sogar auch mit Flächenbombardements gegen die Zivilbevölkerung.
 

Deutschland hat sich in diesen Krieg verwickeln lassen

Gerade wir - wenn nicht wir, wer dann? – wissen also, wie schrecklich Krieg ist, oder besser: sein kann. So ein Guerillakrieg wie in Kuba – das ist natürlich etwas anderes. Oder wenn das eigene Land besetzt ist – wie z. B. in Palästina. Was soll man da machen?! – Aber Krieg im allgemeinen – da muss uns Deutschen nun wirklich kein Mensch irgendetwas erzählen! – taugt nichts. Ein sinnloses Blutvergießen.
Zum Beispiel jetzt in Afghanistan: da wird deutsches Blut vergossen! Das muss man sich einmal vorstellen!
Gut, dass jetzt endlich 25 Künstler und Intellektuelle zum Abzug aufrufen. Deutschland hat sich in diesen Krieg verwickeln lassen, sagen sie. Und soll ich Ihnen auch einmal sagen, von wem? – Ich will mich nur ganz vorsichtig ausdrücken: wir haben uns in einen Krieg verwickeln lassen von Leuten, die meinen, die Demokratie ließe sich herbeibomben.

Dabei haben wir die Amis ja damals überhaupt nicht angegriffen. Und heute vor acht Jahren? Waren es denn Afghanen, die die Amis angegriffen haben? Dr. Precht stellt hierzu klar: Es hat aber kein Land ein Nato-Territorium angegriffen, auch nicht am 11. September. Es hat ja nicht Afghanistan die Amerikaner angegriffen.
Das steht ja wohl eindeutig fest. Entweder waren es die Amis sowieso selbst, wie überall auf der Welt und hier in Duisburg mit viel HipHop und Rumtata erzählt wird, oder es war tatsächlich diese Al-Qaida-Gruppe, wie uns die Medien glauben machen wollen. Das waren aber auch keine Afghanen, sondern Araber. Und die haben die Flugzeugangriffe auch nicht in Afghanistan geplant, sondern in Duisburg. Und in Hamburg. Wie dem auch sei:
Man kann aus unterschiedlichen Gründen gegen den Krieg in Afghanistan sein. Wichtig ist, dass man klar Position bezieht, sagt Richard David Precht. Genau! Man fragt sich nur, und Britta Heidemann fragt das auch den Precht: Warum kommen wir da nicht raus? Richtig, da hätten wir eigentlich selbst drauf kommen können: Wir trauen uns nicht, solange die Amerikaner das nicht erlauben.
Ja, der Precht, ein Doktor der Philosophie. Und wie verständlich der so etwas formulieren kann! Faszinierend. Frau Heidemann hakt noch einmal nach. Knallhart nachgefragt, wie beim Grevenbroicher Tageblatt: Die berühmte deutsch-amerikanische Freundschaft.
Im Text steht erst gar kein Fragezeichen – wahrscheinlich Zufall. Da sagt der berühmte Precht – echt wieder astrein auf den Punkt gebracht: Genau – die Bündnistreue.

Echt Precht. Wir Deutsche – ein Volk der Dichter und Denker. Mit sehr langer demokratischer Tradition. Haben Sie schon einmal ein amerikanisches Philosophie-Buch gelesen? Echt flach. Und seit wann haben die denn erst die Demokratie? Wenn das überhaupt eine Demokratie ist! Allein die „Kultur“!
Am Hindukusch wird Krieg geführt. Der Gegner ist keine Armee, sondern eine Kultur, heißt es in dem Aufruf der deutschen Dichter und Denker. Klarer Fall: die Taliban haben eine andere Kultur als wir. Die ganze Mentalität ist anders. Auch der Dichter, der das mit dem Holocaust nicht mehr hören kann, hört hin und wieder doch ganz gerne mal Musik. Und die Dichterin will gewiss keine Burka anziehen, zumal sie dann so schlecht an ihre Feuchtgebiete dran kommt.

Aber immerhin: am Hindukusch haben sie wenigstens eine Kultur.

Werner Jurga, 11.09.2009

 

[Jurga] [Home] [März 2010] [Marxloh stellt sich quer] [Februar 2010] [Januar 2010] [2009] [Dezember 2009] [November 2009] [Oktober 2009] [September 2009] [August 2009] [Juli 2009] [Juni 2009] [Mai 2009] [April 2009] [März 2009] [Februar 2009] [Januar 2009] [2008] [2007] [Kontakt]