Der Abschwung ist da

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

„Arbeitslosigkeit weiter gesunken“ dürfte morgen eine Überschrift in den Zeitungen lauten; „Arbeitslosigkeit weiter gesunken“ war am Vormittag auf der Videotextseite eines Fernsehsenders zu lesen. Mittags habe ich dann die Nachrichten auf WDR 2 gehört: reinste Jubelarien über die bekannt gewordenen Arbeitslosenzahlen für den Mai. Und in der Tat, weniger als 3,3 Millionen Arbeitslose, Quote unter acht Prozent!
Der Einwand der Oppositionsparteien, die Statistik sei geschönt, läuft unter „Pflichtritual“. Erinnern Sie sich, wie mit der Einführung von Hartz IV urplötzlich die Arbeitslosenzahl über die Fünf-Millionen-Marke schnellte? Rein statistisch bedingt.
So viele Erwerbstätige wie nie, offene Stellen, Geschäftsklima prima, Aktienkurse nahe am Rekordstand - alles wahr.

Dumm nur: das war´s

Offizielle Lesart: die Arbeitslosigkeit sank im Mai nicht so schnell wie erwartet. Ach nun ja, ließe sich sagen, dann geht es eben – ausnahmsweise, versteht sich – mal etwas langsamer in die richtige Richtung.
Und so heißen die Überschriften in derwesten.de: „Aufwärtstrend“, „Weniger Menschen in NRW arbeitslos“, „Positive Prognosen“ und „Jugendarbeitslosigkeit gesunken“. Und des Volkes Kommentare auf der Internetseite gehen einmütig in Richtung „geschöntes Bild“. Da ist aber nichts geschönt. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist wirklich schön.

Dumm nur: schöner wird´s nicht

Denn – ich sagte es bereits - der Abschwung kommt an und ganz bestimmt auch unten. Präziser: der Abschwung ist schon da. Saisonbereinigt ist die Erwerbslosigkeit nämlich schon im Mai angestiegen, ein wenig nur, aber deutlich genug.
Aber die Wirtschaftsprognosen der Institute sind doch günstig. Wie komme ich denn dann dazu, daran zu zweifeln? Könnten Sie fragen. Oder gar, ob ich mich für schlauer hielte als die Creme de la Creme der Wirtschaftsprofessoren. Ersparen Sie mir bitte die Antwort und freuen Sie sich, dass ich ein solches überhört habe.

Schlaue Institute

Schauen Sie sich ruhig deren Prognosen 2008 vom letzten Jahreswechsel noch einmal an. Sie sind kein halbes Jahr alt! Aber zwischenzeitlich waren die Sachverständigen sehr tüchtig. Nachdem sie im Februar die Wachstumsprognosen nach unten korrigiert hatten, kam im April der Clou. Im ersten Quartal 2008 habe das BIP, also das Bruttoinlandsprodukt, um 1,5 % zugelegt, ließ man uns wissen – bezogen auf das Vorquartal (!). Das ergäbe – multipliziert mit vier – ein Wachstum von sechs Prozent (oder muss man noch einen Zinseszinseffekt dazunehmen?). Gigantisch! – Prompt wurden die Prognosen wieder kräftig angehoben.
Sicher, man hätte freilich eigentlich den Anstieg des ersten Quartals 2008 im Vergleich zum  ersten Quartal 2007 veröffentlichen sollen – wie es üblich ist. Das wäre aber nicht so ein Knaller gewesen. Denn:
Das Kalenderjahr 2007 war gekennzeichnet von außergewöhnlich hohen Wachstumsraten – mindestens während der ersten neun Monate. Dann allerdings knickte die Stimmung ein, und das Weihnachtsgeschäft ging in die Hose. Das Quartal IV / 2007 enttäuschte in ökonomischer Hinsicht.

Der Abschwung ist da!

Und warum?
Weil die Menschen schon seit gut einem halben Jahr hören und spüren, dass die Party vorbei ist. US-Immobilienkrise, internationale Finanzkrise, schwächelnder US-Dollar, explodierende Rohöl- und Nahrungsmittelpreise – da hält man das Geld lieber fest. Obwohl es zu allem Überfluss jetzt auch noch an Wert verliert. Das alles riecht nach STAGFLATION, also der Kombination von Stagnation und Inflation. Sieht so aus, als könne der Abschwung diesmal ziemlich derbe ausfallen.
Da bin ich mir allerdings nicht sicher. Fest steht: die Zeit fürs Reinemachen ist ohnehin, also auch ohne all die genannten Sonderfaktoren, gekommen. Der Abschwung ist schon da. So richtig zu spüren sein, wird er erst, wenn die Arbeitslosigkeit nicht mehr nur unerwartet langsam sinkt, sondern kräftig steigt.

Top, die Wette gilt:

Wetten, dass im März 2009 die
Vier-Millionen-Marke nach oben überschritten ist.

Damit ist allerdings noch nicht gesagt, dass auch die Aktienkurse einknicken müssen. Es kann ja sein, dass Konjunktureinbruch und starker Euro die Zentralbank zu Zinssenkungen zwingen. Dann blühen wenigstens noch die Aktienkurse. Daumen drücken!

Werner Jurga, 29.05.2008

 

P.S.: Wetten, dass bei der Bundestagswahl im September 2009 die Volksparteien ein absolutes Negativergebnis davon tragen werden – keine zwei Drittel, vielleicht sogar unter 60 Prozent.

 

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