Georg Kreisler

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Da es auf der Sonderseite „Ballermänner in Chinatown“ eben nicht um einen Ballerfilm geht, sondern um hohe Kultur, dürfen Sie zu Recht erwarten, dass auch die Satire zu diesem Thema einem gewissen Niveau entspricht. Da ich selbst darüber nicht verfüge, stelle ich Ihnen zum Thema passende Lieder vor. Georg Kreisler hat sich nämlich in zwei seiner bekanntesten Lieder befasst mit Politikern und ... nein, über Philharmoniker hat er nicht gespottet. Nur über einen armseligen Triangelspieler. Ich räume ein: den Bezug zum Thema können nur die Ballermänner selbst und die gut unterrichteten Kreise verstehen. Aber für alle anderen ist der Kreisler-Text auch witzig; und für jeden, der kein Ballermann sein möchte, Pflichtlektüre.

Kreisler_kritisch

Politiker und Philharmoniker
der doch nicht, verdammt ...

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Georg Kreisler (* 18. Juli 1922 in Wien) ist ein deutschsprachiger, US-amerikanischer Kabarettist, Komponist, Satiriker und Schriftsteller österreichischer Herkunft.
Da er nach der Nazi-Rassenlehre als Jude galt, war er zur Emigration gezwungen.
Bekannt wurde er vor allem in den 50er- und 60er-Jahren mit seinen hintergründigen und makabren Chansons. Er lebte von 1992 bis 2007 mit seiner vierten Frau und Bühnen-partnerin Barbara Peters in Basel.
Per offenem Brief verbat er sich rechtzeitig vor seinem 75. Geburtstag jegliche Gratulation von Seiten des Staates Österreich, „weil sich die Republik Österreich in den über vierzig Jahren, seit ich nach Europa zurückgekehrt bin, noch nie um mich geschert hat“ (Zitat aus dem Brief).

Was für ein Ticker ist ein Politiker?

Ja, die Welt ist eine Ansammlung von komischen Tieren,
Die sich an das Leben klammern und nur selten amüsieren.
Um gleich alle zu beschreiben fehlt die Zeit mir momentan,
Und so führe ich nur einige als Beispiel an:

Ja, ein Dramatiker ist ein Stückeschreiber,
Und ein Fanatiker ist ein Übertreiber,
Und ein Botaniker ist ein Blumengießer,
Und ein Romantiker ist ein Frauengenießer,
Ein Philharmoniker ist ein Staatsmusiker,
Der Pension kriegt, wenn er nicht mehr gut gefällt -

Aber was für Ticker ist ein Politiker,
Woher kommt er und was will er von der Welt?

Man braucht Kesselflicker und Autobuslenker,
Elektrotechniker und Serviettenschwenker,
Vor Gericht braucht jeder einen Verteidiger,
Dieser Verteidiger ist Akademiker,
Ich bin kein Zyniker und kein Polemiker,
Ich verehre diese Leute wirklich sehr -

Aber was für Ticker ist ein Politiker,
Eines Tages gibt's den sicherlich nicht mehr!
Aber was für Ticker ist ein Politiker,
Eines Tages gibt's den sicherlich nicht mehr!

Georg Kreisler – Text gekürzt
 

to whome it may concern:

Der Triangel

Wenn Sie einmal in die Oper gehen,
Und sich das Orchester dort besehen,
Vielleicht sehen Sie im fernsten Eck, so zwischen Tür und Angel,
Einen Mann, der spielt ein Instrument, genannt Triangel.
Wenn Sie diesen Mann betrachten, denken Sie an mich,
Denn der Triangelspieler, der bin ich.

Ja, da sitz ich mitten im Orchester drin,
Und halte bereit mein Triangel,
Und endlich zeigt der Dirigent auf mich hin,
Und dann steh ich auf und mach - pling

Ich komm erst auf Seite neunundachzig dran,
Ja an Zeit hab ich keinen Mangel,
Ich könnt ja was lesen, doch da schaut er mich an,
Und schon steh ich auf und mach -pling

Meistens werd ich schläfrig von all dem Getös,
Besonders bei Richard Strauß,
Doch schlafen geht nicht, der Dirigent wär ja bös,
Er braucht mich ja wegen dem -
Ach wär doch die Oper schon aus.

Es ist schwer zu glauben, doch einst war ich jung
Und studierte an der Akademie,
Meine Technik erregte Begeisterung,
Und man nannte mich ein Genie!
 
Und eines Tags sah ich mit viel Vergnügen
neben den gesamten Werken Glucks
Im Musikgeschäft auch ein Triangel liegen.
Da lachte ich und kaufte es, als Jux.

Und da sitz ich mitten im Orchester drin
Im Schatten der großen Trommeln,
Gleich kommt mein Einsatz, ich schau gar nicht hin,
Ich steh nur auf und mach - pling

Die Violinen weinen jetzt,
Die Cellos und Bässe ergrimmen,
Die Flöten jubeln, das Glockenspiel lacht -
Ein Triangel kann man nicht einmal stimmen.

Man wird so nervös und der Sessel ist hart,
Und nie bekomm ich Applaus,
So sitz ich halt da und wart und wart
Bis ich aufstehen darf und mach - pling
Und dann ist die Oper aus.

Georg Kreisler – Text gekürzt

 

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