Religion und Evolution

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Die Bedeutung der Religion für die Herausbildung zivilisatorischer Standards wird häufig überschätzt. Die Menschen neigen dazu, sich so zu verhalten, wie sie sich – aus welchen Gründen auch immer – ohnehin verhalten (müssen). Um ihr (So-) Sein etwas schicklicher aussehen zu lassen, stülpen sie dann gern ein metaphysisches Gedankengebäude darüber.
Wir alle können uns nicht ganz frei sprechen von derart jämmerlichen Legitimitationsversuchen. Leider auch ich nicht. So war es mir letzten Monat eine große Ehre, Sie in die Geheimnisse meiner Religion einzuweihen, in den Aquarismus.

Wohl wegen meines festen Glaubens ist mir der Fehler unterlaufen, meine Speisegewohnheiten monokausal auf die Speisevorschriften meiner Religion zurückzuführen. Nun ja, es ist passiert. Ich schrieb:
Als Aquarist glaube ich fest daran, dass alles Leben seinen Ursprung im Wasser hat. Insofern halte ich den Verzehr von Fischen, aber auch von Meeres - "Früchten" (welch ein abscheuliches Wort) für sehr sündhaft.

Monokausalitäten – merken Sie sich das gefälligst! – sind immer unzulässig. Unser Herkommen, unsere Entwicklung, kurz: die Evolution – ich hätte es doch wissen können! – prägen uns in einem Ausmaß, das wir leider häufig von uns weisen. Vielleicht weil wir die bitteren Wahrheiten unserer Abstammung nicht so ohne weiteres ertragen können. Wir reagieren auf die Aufklärung mit heftiger Ablehnung oder – wie in meinem Fall – mit Verdrängung.

Ich weiß es doch; ich hatte Ihnen schon letzten Sommer mitgeteilt, dass ich ein Neanderthaler bin.

Neandertaler_reconst

Bild: Neanderthal Museum

I´m a Neanderthal Man.

Einfach verdrängt. Ich bin ja einer!
Ich schrieb deshalb drüber, weil vor elf Monaten neue Erkenntnisse über die Speisegewohnheiten unserer, sorry: meiner Vorfahren das menschliche Wissen bereicherten:
Zur großen Überraschung der Wissenschaftler verschmähte der rheinische Neandertaler Fisch, obwohl er längs des Rhein-Nebenflusses Düssel gelebt hatte, erklärte der Forscher am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Letzten Donnerstag habe ich mich dann auf den Weg gemacht. Ins Neanderthal-Museum.

Die Sehnsucht trieb mich in die Ahnenforschung.

Werner Jurga, 12.07.2009

Neanderthal Man

 

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