Bleibt alles anders?

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Ich weiß es ja auch nicht

Vielleicht habe ich in der Schule nicht richtig aufgepasst. Ich hatte das nämlich so verstanden, dass der Staat, wenn es mit der Wirtschaft runtergeht, seine Ausgaben hochfahren soll. Vielleicht auch die Steuern senken.

Doch wirklich, wir hatten in der Schule Wirtschaftpolitik! Und – wie gesagt – ich muss da etwas falsch verstanden haben. Denn seitdem ich die Politik verfolge, läuft das genau anders herum. Seitdem ist klar: wenn ein Abschwung kommt, geht es recht schnell ans Eingemachte.
Dann geht es los mit den Sparprogrammen oder besser: den so genannten Sparprogrammen. Denn es wurde zwar immer gespart, meistens an der falschen Stelle. Es war dann wieder mal die Zeit der „Einschnitte ins sozialen Netz“. Die nun einmal sein müssten – ausgerechnet immer genau dann, wenn sowieso schon massenweise Leute ihre Arbeitsplätze verloren. Die so genannten Sparprogramme hatten die von der Arbeitslosigkeit geschröpfte Massenkaufkraft weiter stranguliert.
Dann wurden noch mehr Leute arbeitslos, was auch ziemlich teuer ist.
Wenn von einem Abschwung die Rede ist, lassen die sozialen Grausamkeiten nicht lange auf sich warten.

Der Peer und die schwäbsche Hausfrau

Diesmal aber sieht es (zunächst einmal?) anders aus. Sicher, das gibt es auch: die schwäbelnde Hausfrau auf dem CDU-Parteitag, die stolz in die Kamera aufsagt: „Es ist tatsächlich so. man kann nur das ausgeben, was an Einkommen reinkommt!“ Oder den Genossen Steinbrück, der denselben Stuss viel kompetenter unter das Volk quasseln kann.
Man kann eine Mark nur einmal ausgeben, hatte ich damals gelernt. Im Elternhaus, nicht an der Universität. Da hörte ich zwar auch von ganz merkwürdigen ökonomischen Theorien; aber auch die schlimmsten gingen nicht so weit zu behaupten, man könne eine Mark nur einmal ausgeben. Dann könnte man die Wirtschaftswissenschaften gleich ganz abschaffen. Die befassen sich nämlich damit, wie die Waren, aber - in umgekehrter Richtung eben - auch die Gelder zirkulieren. Wenn wir die Mark, oder sagen wir: den Euro nur ein einziges Mal ausgeben, dann bricht der Kreislauf zusammen. So weit die Theorie; dass jetzt tatsächlich ein derartiger Bruch abzeichnet, weil der Geldkreislauf kollabiert ist, mögen Sie bitte als deren Bestätigung werten!
Deshalb scheint es, wenn auch mit reichlich Verspätung, diesmal, sogar hier bei uns, in Deutschland (!) finanzpolitisch anders zu laufen. Inzwischen dürfen sogar die Konjunkturprogramme wieder beim Namen genannt werden. Ist es wirklich alles so schlimm?

Krise? Welche Krise?

Es ist doch wirklich eigenartig. Einerseits werden die Prognosen und Prophezeiungen immer düsterer. Erst hieß es Immobilienkrise, dann Bankenkrise, und weiter von der Finanz- zur Wirtschaftskrise.
Von der Verwendung des Begriffs „Rezession“ wird abgeraten, weil dieser das derzeitige Geschehen verharmlose. Womit wir zu tun haben, sei vielmehr der große Bruch
Und andererseits, und das ist das Eigenartige, irgendwie merkt unsereins eigentlich gar nichts davon. Letzten Samstag und den davor tobte in den Innenstädten der Weihnachts-Kaufrausch. Und morgen wird es wohl wieder so sein.

Man kann ja von den Zahlen der offiziellen Statistiken halten, was man will. Aber die offiziellen Arbeitslosenzahlen sind seit langem mal wieder unter die drei Millionen gerutscht. Die Beschäftigung so hoch wie noch nie.
Gewiss: da sind viele dabei, die, obwohl sie den ganzen Tag Arbeiten gehen, „Aufstocken“ müssen, wie das so schön heißt. Ein unglaublicher Skandal! Und der Aufschwung, von dem so viel die Rede war, ist bis heute bei den Meisten gar nicht angekommen.

Trotz aller Dramatik in den Medien - viele Leute denken sich:
Was geht mich das an? Ach, was die im Fernsehen immer so erzählen! Die Politiker. Erst reden sie von Aufschwung – habe ich nichts von gemerkt. Und jetzt heißt es Abschwung – gelinde ausgedrückt. Überall große Panik. Das Einzige, was mir auffällt ist, dass der Sprit wieder deutlich billiger geworden ist. Gute Sache.
Ist das womöglich schon so eine Art Konjunkturprogramm?

Wie auch immer; es hat ja auch sein Gutes. Es wäre ja schlimm, wenn sich in der Bevölkerung Krisenstimmung oder gar Panik ausbreiten würde. Ich weiß noch, so vor etwa zwei Monaten ist befürchtet worden, es könne zu einem „bank running“ kommen. Also dazu, dass die Leute in Scharen – aus Angst um ihr Geld – zum Bankschalter bzw. zum Geldautomaten rennen, und Alles abheben, was auf dem Konto ist.
Die Zahl der Neuzulassungen von Autos geht dramatisch zurück. Und in Deutschland geht es ja noch – im Vergleich. Aber wie dramatisch weltweit der Autoabsatz einbricht! Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Stahlindustrie.

Sind wir Duisburger – möglicherweise (?) – von der drohenden Finanz- und Wirtschaftskrise existenziell betroffen? Bedenken Sie, wie viele Autozulieferer es in Duisburg gibt!
Ein Zitat mag das deutlich machen. Prof. Dudenhöffer, der Autopapst - er ist neulich von Gelsenkirchen nach Duisburg gewechselt - sagt:

Es gibt keine Bank, die jetzt einem Autozulieferer Geld leiht.

Das muss man sich nur einmal vorstellen!
Wie viele Wochen ist es schon her, dass die Bundesregierung das milliardenschwere Rettungspaket für die Banken aufgelegt hat?! Nach anfänglichem Zögern haben einige Banken großzügigerweise damit begonnen, die Milliarden anzunehmen.
Und hier in Duisburg wackelt das Programm Jedem Kind eine warme Mahlzeit! – Wenn man das mal so vergleicht - zum Kaputtärgern!

Aber Sie müssen nicht glauben, dass sich die Banken untereinander  inzwischen Geld leihen.

Werner Jurga, 18.12.2008

 

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